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Die Posta Faroe Islands gibt Briefmarke Nr. 1000 aus.
Ausgabedatum: 10.08.2023
Artikelnr.: PPS010823
Wert: 100,00
Briefmarken sind ein Spiegel der Nation. Ein Einblick in die Seele, das Aussehen, die Geschichte, Flora, Fauna und Folklore des Landes.
Am 10. August 2023
gibt die färöische Post ihre Briefmarke Nr. 1000 heraus, und das soll gefeiert
werden. Das Motiv wird direkt am Ausgabetag auf der Briefmarkenausstellung Great
American Stamp Show (GASS) 2023 im amerikanischen Cleveland enthüllt.
Der renommierte
Künstler Edward Fuglø hat den attraktiven Block entworfen, der eine kleine
Steinpyramide zeigt. Aus der Feder von Edward Fuglø stammt bereits eine
Vielzahl färöischer Briefmarken, und deshalb fiel die Wahl auf ihn, auch den
Entwurf für Postas Briefmarke Nr. 1000 anzufertigen.
Das Motiv stellt
eine Steinpyramide in der Allmende an einem Sommerabend dar. Die Stimmung ist
sommerlich, die Steinpyramide ist umkränzt von den Pflanzen, Vögeln und anderen
Tieren dieser Jahreszeit. Die übernatürlichen Wesen, die Huldra und der Neck,
sind ebenfalls auf dem Bild zu finden.
Eine
Steinpyramide kann verschiedene symbolische Bedeutungen haben, sie kann wie
unten beschrieben Wegweiser und Fixpunkt sein. Briefmarke Nr. 1000 kann somit als
Wegmarke für Postas zahlreiche Ausgaben seit 1975 betrachtet werden, als die
ersten färöischen Briefmarken erschienen.
Die Briefmarke
ist ein Kulturträger, der weit über die Landesgrenzen hinaus wirkt – bis in die
entlegensten Winkel der Welt. Auf einem kleinen Stück Papier, nur wenige
Zentimeter hoch und breit, kann man Geschichten über dies und das erzählen, was
schon immer das erklärte Ziel färöischer Briefmarken war.
Der bekannte norwegische Künstler und Graveur Martin Mörck hat die Steinpyramide von Hand graviert, anschließend wurde diese im Offset- und Stahlstichverfahren gedruckt. Zusätzlich wurden einige besondere Lackeffekte hinzugefügt, wie Sand, Soft-Touch und Neon-Orange.
Varðin
Auf den Färöern sind Steinpyramiden mit den alten
Gehwegen verbunden. Sie sind sogenannte gonguvarðar, Wegweiser. Es gibt
auch Pyramiden, die auf die Himmelsrichtungen hinweisen, wie in den
Ortsbezeichnungen Vesturvarði (Westwarte), Norðurvarði (Nordwarte) und Suðurvarði
(Südwarte), oder Steinpyramiden, die die Sonnenposition markieren. Diese Bedeutungen
sind in Ortsnamen wie Middagavarði (Mittagswarte) oder Nónvarði (nón = 15.00 Uhr)
enthalten. Steinpyramiden
sind somit in ihrer monumentalen Form ebenso Wegweiser wie Fixpunkte. Die Königswarten
(Kongavarðarnir), heute die Bezeichnung für den Komplex Undir Kongavarða
bei Tórshavn, wurden ursprünglich 1907 anlässlich des Besuchs von König
Frederik VIII. auf den Färöern errichtet.
Die Färöer waren
früher eine bäuerliche Siedlungsgesellschaft, wo die Siedlung selbst von den
Hausfeldern, den bøur, umgeben war. Außerhalb der Siedlung, abgetrennt
durch Zäune, lagen die Außenweiden, hagi. Im Alltag hielt man sich
innerhalb der Einfriedung auf, die die kultivierten Flächen von der Allmende
trennten. Ging man hinaus, dann nur zu einem bestimmten Zweck. Es war nicht
gern gesehen, ja gar verboten, sich unbefugt in der Allmende aufzuhalten. Schafhirten
durften dies und Vogelfänger auf ihrem Weg zu den Vogelfelsen, um dort ihrem
Fanggeschäft nachzugehen, Personen, die Torf von den Torflagern auf der
Allmende holen sollten und im Sommer die Melkerinnen, die dort draußen die
freilaufenden Kühe melkten. Man wollte nicht, dass die Schafe gestört wurden. Wer
sich ohne erkennbaren Grund auf den Außenweiden aufhielt, konnte in den
Verdacht geraten, Schafdieb zu sein. Wurde ein Schafdieb gefasst, war die
Strafe hart. Deshalb konnte es auch lebensgefährlich sein, einen solchen
unterwegs zu treffen, und das wollten einsame Wanderer auf rechten Wegen
vermeiden. Die Steinpyramiden markierten die zulässigen Pfade von einer Siedlung
zur nächsten. Auf diesen konnte man sich relativ sicher vor Schafdieben und
übernatürlichen Wesen fühlen. Wer vom rechten Weg abkam, begegnete womöglich
Huldren, dem verborgenen Volk, beispielsweise einer jungen Huldra, die zum
Spinnen vor ihrem Hügel saß und sich einen Mann wünschte. Kam ein Mann ihr zur
Gesellschaft, wurde ihm ein Vergessenstrunk angeboten, und vergaß er dann, den
Schaum wegzupusten, war er ganz in ihrer Gewalt. Der Wassergeist nykurin,
der Neck, hielt sich in Seen und größeren Wasserläufen auf. Der Neck konnte
sich in einen niedlichen Hund oder ein schönes Pferd verwandeln und so
versuchen, Kinder und Erwachsene zu sich zu locken. Berührten sie ihn, wurden
sie vom Neck gefangen und mit in die Tiefen des Sees gezogen.
Die Allmende war
also ein gefährlicher Aufenthaltsort, wo man sich möglichst nur bei Tageslicht
aufhielt, aber es kam vor, dass man aufgehalten wurde und zu spät fortging. In
der Abenddämmerung und Dunkelheit wurde alles noch unheimlicher, und das
Übernatürliche kam näher. Das Mondlicht ließ unheimliche Formationen in der
Landschaft entstehen. Selbst tagsüber war man nicht außer Gefahr. Der Nebel
konnte so dicht werden, dass man keine Hand vor Augen sehen konnte, weshalb die
einzige sichere Spur der alte, ausgetretene Pfad war. Es gibt Geschichten von
Melkerinnen, die sich im Nebel verirrten und in den Abgrund stürzten. Am
schlimmsten konnte es im Winter bei Kälte und Schneetreiben sein, wo der beste
Rat lautete, sich an der Steinpyramide aufzuhalten, die man erreicht hatte,
ohne sich hinzusetzen. Man erzählt von Männern, die sich damit wachhielten, die
Pyramide ab- und wieder aufzubauen, sogar mehrfach, um wach und warm zu bleiben.
Setzten sie sich hin, fielen sie in einen todbringenden Schlaf.
Steinpyramiden
weisen somit nicht nur den Weg, sondern behüten auch Menschen in der früher so
gefährlichen Allmende. Erst in der modernen Zeit mit ihrer veränderten
Wahrnehmung der Natur haben Menschen den Drang verspürt, die Natur zu erleben, was
zu Problemen auf den Außenweiden geführt hat.
Varðin, die Steinpyramide, hat die Bedeutung
eines monumentalen Symbols in der färöischen Geschichte erhalten, steht aber
auch für einen Fixpunkt in den Lebensläufen von Menschen und gilt als Symbol
für herausragende Persönlichkeiten. Dass die erste färöische
Literaturgesellschaft seit 1921 eine Literaturzeitschrift namens Varðin
herausgibt, hat somit mehr als eine Bedeutung. Und es ist auch kein Zufall,
dass eines der größten Wirtschafts- und Reedereiunternehmen der Färöer, das
1985 in Gøta gegründet wurde, den symbolträchtigen Namen Varðin trägt.
Dr. phil. Jóan Pauli Joensen
Ethnologe